Bezahlbarer Wohnraum wird in vielen Teilen der Schweiz knapp, so auch in Romandie. SP-Ständerat Carlo Sommaruga aus Genf referierte dazu am Mittwochabend im Gemeindesaal Unterseen. Ein Grund für die Wohnungsnot ist ein bekannter: Plattformwohnungen, die zum Beispiel über Airbnb vermietet werden. Auch die Kantone Genf und Waadt kennen das Problem und haben die 90-Tage-Regel, wie es auch die SP auf dem Bödeli fordert, eingeführt (Details zur Initiative am Textende). Sommaruga hatte vor allem aus der Waadt Ermutigendes zu berichten.
Kontrolle ist zwingend
Die Kompetenz für die Kontrolle solcher Plattformwohnungen hat der Kanton am Genfersee den einzelnen Gemeinden gegeben. Die Betreiber benötigen eine Bewilligung, müssen gewisse Sicherheitsnormen – ähnlich wie bei der Hotellerie – erfüllen und ihre Gästeliste inklusive Aufenthaltsdauer regelmässig bei der Gemeinde melden. Diese überprüft dann wiederum, ob die Vorgaben eingehalten wurden. «Das braucht zwingend einen gewissen Kontrollaufwand, der aber nicht aufgebauscht werden darf», so Sommaruga.
Die umgesetzten Massnahmen hätten die gewünschte Wirkung erbracht, in der Waadt ging die Zahl der geschäftlich vermieteten Wohnungen zurück. «Die Last für die Vermieter erhöhen», darum gehe es im Prinzip. Sommaruga lobte auch den Initiativtext der SP Bödeli-Jungfrau, der mit der eingebauten Ausnahme für Ferienwohnungsbesitzer eine mehrheitsfähige Lösung böte.
Er betonte, dass die einschneidenden Anpassungen bei der Untermiete im Mietrecht, über die am 24. November national abgestimmt wird, keine wirkliche Linderung bringen. «Die meisten Airbnb heutzutage sind ganze Wohnungen und Häuser mit mehreren Wohnungen, die vermietet werden – nicht Zimmer im Untermieteverhältnis.» Es seien die Besitzer und Vermieter der Wohnungen, die das Geschäft betreiben würden, nicht die Mieter.
Weniger Schutz, höhere Mieten
Der oberste Mieter des Landes, Sommaruga ist Präsident des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbandes, ging noch im Detail auf die zwei Abstimmungsvorlagen – auch die Anmeldung von Eigenbedarf soll vereinfacht werden – vom 24. November ein. Er warnte davor, dass es beide Vorlagen den Vermietern einfacher machen, einen Mieterwechsel vorzunehmen. «Wird der Kündigungsschutz geschwächt, so treibt dies die hohen Mieten weiter an», so Sommaruga. Die Mietpreise sind in den letzten 18 Jahren explodiert. Seit 2005 sind sie um fast 25 Prozent gestiegen, dabei hätten sie wegen rekordtiefer Zinsen und tiefer Inflation um 32 Prozent sinken sollen. «Seit 2005 haben die Mieter insgesamt 100 Milliarden Franken zu viel bezahlt!», sagt Sommaruga.
Er kritisierte auch die Salamitaktik der Immobilien-Lobby. Es sei bewusst darauf verzichtet worden, die verschiedenen Gesetzesänderungen im Mietrecht wie im Normalfall zu einer Gesamtvorlage zusammenfassen. «Sie hoffen, dass wir und die Grünen nicht darauf reagieren können.» Denn die zwei Abstimmungsvorlagen seien erst der Anfang. «Die Immobilien-Lobby will das Mietrecht mit einer Serie von Vorstössen im Parlament weiter schwächen. Dem werden wir entgegen halten.» Die Wahlempfehlung für den 24. November ist damit klar: Zweimal Nein bei den Abstimmungen über das Mietrecht.
Thali und von Euw gewählt
Sommarugas Referat fand anlässlich der Mitgliederversammlung der SP Bödeli-Jungfrau statt. Seit zwei Jahren ist die Sektion in dieser Form aktiv. In den kommenden Monaten soll nochmal an den Strukturen gefeilt werden, sagte Co-Präsident Hanspeter Berger. Zu diesem Zweck schlug der Vorstand vor, seine Reihen mit Philipp von Euw (Unterseen) und Irene Thali (Interlaken) zu ergänzen. Die Mitglieder wählten die zwei mit Applaus in den Vorstand der SP Bödeli-Jungfrau. Weiter informierte Berger, dass die Stopp-Airbnb-Initiative mittlerweile in Interlaken, Unterseen, Bönigen und Matten erfolgreich eingereicht worden ist (wir berichteten). In Wilderswil wird die Einreichung bald erfolgen.
Die Airbnb-Initiative in Kürze
Die SP Bödeli-Jungfrau hat Ende Mai die Initiative «Wohnraum schützen – Airbnb regulieren» gestartet. Diese hat zum Ziel, die kurzzeitige Wohnungsvermietung in Ergänzung zu den baurechtlichen Begrenzungen für Zweitwohnungen zu regulieren. Dabei sind folgende Eckwerte sinngemäss zu berücksichtigen:
- Wohnungen dürfen höchstens 90 Nächte pro Jahr an Personen vermietet werden, die sich nur vorübergehend und nicht länger als drei Monate ausserhalb ihres gesetzlichen Wohnsitzes aufhalten wollen.
- Von dieser Beschränkung ausgenommen ist das Vermieten von höchstens fünf Betten, sofern die Vermieter ganzjährig im gleichen Haus respektive in der gleichen Wohnung wohnen (Stichwort Ferienwohnung).
- Aus bisherigen kommerziellen Nutzungen, die über dieses Mass hinausgehen, lässt sich kein Anspruch ableiten. Ausgenommen sind Ansprüche, die sich aus übergeordnetem Recht ergeben.