Die SP Bödeli setzte mit einer Informationsveranstaltung die Ferienbetreuung für Kinder auf die politische Agenda und ersucht die Behörden, die Planung endlich in Angriff zu nehmen.
Für viele erwerbstätige Eltern sind Schulferien eine besondere Herausforderung. Gleich zu Beginn der Veranstaltung schilderte eine berufstätige Frau mit drei Kindern und einem ebenfalls berufstätigen Mann ihre Lage: «Schulferien sind immer ein spannendes logistisches Problem.» Die Grosseltern lebten weit weg, man müsse von Tag zu Tag Lösungen suchen, die Nachbarn fragen, oft müssten sie und ihr Mann gestaffelt Ferien beziehen und manchmal die Kinder gar mit an den Arbeitsplatz nehmen. Es sei ein dauerndes Hin- und Herschieben der Kinder. Sie wünsche sich nichts sehnlicher, als eine ganztägige, für die Eltern finanzierbare Kinderbetreuung während der Schulferien.
Die Frau steht nicht allein. Das zeigte die gut besuchte Informationsveranstaltung der SP Bödeli im Stadthaus Unterseen. Auch die Exekutiven von Interlaken, Matten und Unterseen waren mit je zwei Gemeinderatsmitgliedern vertreten. Die drei Bödeligemeinden verfügen zwar über gut funktionierende Tagesschulen, eine Ferienbetreuung fehlt bis jetzt. Diese Lücke soll nun geschlossen werden. Die SP-Sektionen von Interlaken, Matten und Unterseen haben die IMU-Gemeinderäte vor kurzem ersucht, eine gemeindeübergreifende Arbeitsgruppe einzusetzen, welche die nötigen Abklärungen zur Planung und Einführung eines gemeinsamen Ferienbetreuungsangebotes auf dem Bödeli trifft.
Drei unterschiedliche Modelle
An der Informationsveranstaltung wurden drei Modelle vorgestellt, die seit einiger Zeit laufen. In Thun ist das die Ferieninsel. Dort verbringen die Kinder die Ferien getrennt von der Tagesschule, wie Ko-Leiter Stefan Wenger erklärte. Zentral ist dabei der Robinsonspielplatz. Das Ferienangebot sei niederschwellig, aber in professionellem Rahmen. Geboten werden drei Mahlzeiten, Bastelprogramme, freies Spielen, aber auch Ausflüge. Weil das Angebot von der Tagesschule getrennt sei, erlebten die Kinder einen Tapetenwechsel und auch wirklich Ferien vom Alltag. Ein Ferieninseltag kostet für die Eltern 30 Franken pro Tag und Kind, den Rest der Vollkosten von 110 Franken subventioniert die Stadt Thun.
Anders läuft es in Moosseedorf. Dort ist die Ferienbetreuung in die Tagesschule integriert. Der Vorteil ist gemäss Leiter Thomas Ulrich, dass die Kinder auch in den Ferien das gleiche Umfeld und die gleichen Betreuungspersonen antreffen, und man könne auch auf die gesamte Schulinfrastruktur zurückgreifen. Doch gleichzeitig wird mit einem sehr aktiven Programm der Alltag durchbrochen. Angeboten werden Themenwochen, etwa eine Indianerwoche, eine Zauberwoche, eine Detektivwoche oder ein Drillparcours. Pro Tag müssten die Eltern 50 Franken zahlen, 20 Franken übernehme die Gemeinde, sagte Ulrich.
Nochmals ein anderes Modell präsentierte Chantal Fankhauser, Geschäftsleiterin leolea Region Thun. Leolea ist eine Organisation rund um die familienergänzende Kinderbetreuung. Sie entwickelt individuelle Lösungen für Familien, Gemeinwesen und Unternehmen. Leolea betreibt 28 Kindertagesstätten, Kindergärten, Kinderhäuser, Tagessschulen, Tagesstätten und Tageselternangebote in Stadt und Kanton Bern sowie der Stadt Luzern und beschäftigt rund 450 Mitarbeitende. Die Organisation hat während drei Jahren im Auftrag der Gemeinde Steffisburg die Ferienbetreuung durchgeführt. Die Gemeinde ist dann allerdings aus Kostengründen ausgetreten. Leolea führt das Angebot derzeit noch weiter, es wird organisationsintern quersubventioniert, aber wohl nicht mehr lange. Die Kosten werden gestaffelt nach Einkommen verrechnet und betragen zwischen 40 und 120 Franken pro Tag und Kind. Chantal Fankhauser vermutet, die Gemeinde würde wieder einsteigen, wenn sich auch der Kanton an den Kosten beteiligen würde.
Auch der Kanton wird aktiv
Genau das soll jetzt möglich werden, wie Miriam Kull, Leiterin Fachbereich Schulergänzende Angebote der kantonalen Erziehungsdirektion, erklärte. Das kantonale Motto lautet: «Ferienbetreuung – die Lücke schliessen». Die Sache sei dringend, sagte Kull. Der Kanton hat einen Leitfaden herausgegeben, seit Anfang 2019 ist auch eine Mitfinanzierung möglich. Doch noch fehlt die Verordnung des Regierungsrates.
Derzeit haben 25, vorwiegend grosse Berner Gemeinden die Ferienbetreuung eingeführt. Ein weisser Fleck ist allerdings das Berner Oberland: Bisher gibt es östlich von Thun keine einzige Gemeinde, die eine Ferienbetreuung für Kinder anbietet.